Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Die Anfangsschwierigkeit" und transformiert sich in "Die Begeisterung".
Vor Dir liegt "das Wasser" - dieses Element transformiert sich in "der Donner". Das bedeutet, dass Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität umgewandelt wird in Zeugung, Wachstum und Bewegung. Hinter Dir liegt "der Donner" - dieses Element transformiert sich in "die Erde". Das bedeutet, dass Zeugung, Wachstum und Bewegung umgewandelt wird in Empfänglichkeit, Pflege und Erhaltung.
Die Situation
3. Dschun - Die Anfangsschwierigkeit Oben (vorne): Kan - das Abgründige (das Wasser) Unten (hinten): Dschen - das Erregende (der Donner)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Name des Zeichens, Dschun, stellt eigentlich ein Gras dar das bei seinem Hervorsprießen aus der Erde auf ein Hindernis stößt. Daraus ergibt sich die Bedeutung der Anfangsschwierigkeit. Das Zeichen deutet, wie Himmel und Erde die Einzelwesen hervorbringen. Es ist ihre erste Begegnung, die mit Schwierigkeiten verbunden ist. Das untere Zeichen, Dschen, ist das Erregende; seine Bewegung geht nach oben; zum Bild hat es den Donner. Das obere Zeichen, Kan, ist das Abgründige, Gefährliche; seine Bewegung geht nach unten; zum Bild hat es den Regen. Die Lage deutet also auf dichte, chaotische Fülle. Donner und Regen erfüllen die Luft. Aber das Chaos lichtet sich. Die Bewegung, die nach oben gerichtet ist, während das Abgründige sich senkt, kommt schließlich aus der Gefahr hinaus. Im Gewitter entladen sich die gespannten Kräfte, und alles atmet erleichtert auf.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Die Anfangsschwierigkeit wirkt erhabenes Gelingen. Fördernd durch Beharrlichkeit. Man soll nichts unternehmen. Fördernd ist es, Gehilfen einzusetzen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Werdezeiten haben Schwierigkeiten. Es ist wie eine Erstgeburt. Aber diese Schwierigkeiten entstehen aus der Fülle dessen was nach Gestaltung ringt. Es ist alles in Bewegung begriffen, darum ist trotz der vorhandenen Gefahr Aussicht auf großen Erfolg da wenn man Beharrlichkeit hat. Wenn solche Anfangszeiten als Schicksal kommen, so ist noch alles ungestaltet und dunkel. Darum muß man abwarten, denn jedes vorzeitige Zufassen könnte Mißerfolg bringen. Ebenso ist es von großer Wichtigkeit, daß man nicht allein bleibt. Man muß Gehilfen haben, um gemeinsam mit ihnen das Chaos zu bewältigen. Das heißt aber nicht, daß man selbst untätig den Vorgängen zuschauen soll, sondern man muß mit Hand anlegen, anfeuernd und leitend bei allem dabei sein.
Das Bild der aktuellen Situation
Wolken und Donner: das Bild der Anfangsschwierigkeit. So wirkt der Edle entwirrend und ordnend.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wolken und Donner werden dargestellt durch bestimmte Linienornamente, das heißt, daß in dem Chaos der Anfangsschwierigkeit die Ordnung schon angelegt ist. So muß der Edle in solchen Anfangszeiten die unübersichtliche Fülle gliedern und ordnen wie man Seidenfäden aus einem Knäuel auseinanderliest und sie zu Strängen verbindet. Man muß, um im Unendlichen sich zu finden, unterscheiden und verbinden.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 1: Zögern und Hemmung. Fördernd ist es, beharrlich zu bleiben. Fördernd ist es, Gehilfen einzusetzen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn man zu Anfang einer Unternehmung auf Hemmung stößt, so darf man den Fortschritt nicht erzwingen wollen, sondern muß vorsichtig innehalten. Aber man darf sich nicht irremachen lassen, sondern muß dauernd und beharrlich sein Ziel im Auge behalten. Wichtig ist es, daß man sich die richtigen Hilfskräfte sucht. Die findet man nur dann, wenn man bescheiden mit den Menschen verkehrt und sich nicht überhebt. Nur dadurch fallen einem die Menschen zu, mit deren Hilfe man die Schwierigkeiten in Angriff nehmen kann.
Line 4: Pferd und Wagen trennen sich. Suche nach Vereinigung. Hingehen bringt Heil. Alles wirkt fördernd.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Man ist in einer Lage, da man die Pflicht hat, zu handeln, aber die Kraft reicht nicht aus. Doch bietet sich Gelegenheit, Anschluß zu finden. Da gilt es, zuzugreifen. Man darf sich nicht durch einen falschen Stolz und falsche Zurückhaltung abhalten lassen. Es ist ein Zeichen innerer Klarheit, wenn man es über sich gewinnt, den ersten Schritt zu tun, selbst wenn eine gewisse Selbstverleugnung damit verbunden ist. In schwieriger Lage ist es keine Schande, sich helfen zu lassen. Wenn man den richtigen Gehilfen findet, geht alles gut.
Line 5: Kleine Beharrlichkeit bringt Heil, große Beharrlichkeit bringt Unheil.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Man findet sich in der Lage, daß man keine Möglichkeit hat, seine guten Absichten so zum Ausdruck zu bringen, daß sie wirklich in die Erscheinung treten und verstanden werden. Andere schieben sich dazwischen und entstellen alles, was man tut. Da muß man dann vorsichtig sein und allmählich vorgehen. Man darf nichts Großartiges gewaltsam durchsetzen wollen; denn so etwas gelingt nur, wenn man das allgemeine Vertrauen schon genießt. Nur im stillen, durch treue und gewissenhafte Arbeit kann man allmählich dahin wirken, daß die Verhältnisse sich aufklären und die Hemmung fällt.
Die Zukunft
16. Yü - Die Begeisterung Oben (vorne): Dschen - das Erregende (der Donner) Unten (hinten): Kun - das Empfangende (die Erde)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die starke Linie auf viertem Platz, dem Platz des leitenden Beamten, findet bei allen den andern schwachen Linien Entgegenkommen und Gehorsam. Das obere Urzeichen, Dschen, hat die Bewegung zur Eigenschaft, das untere, Kun, den Gehorsam, die Hingebung. Es wird also eine Bewegung begonnen, die auf Hingebung stößt und daher mitreißend, begeisternd wirkt. Von großer Bedeutung ist ferner das Gesetz von der Bewegung auf der Linie des geringsten Widerstandes, das in diesem Zeichen ausgesprochen ist als Gesetz für Naturgeschehen und Menschenleben.
Das Urteil für die Zukunft
Die Begeisterung. Fördernd ist es, Gehilfen einzusetzen und Heere marschieren zu lassen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Zeit der Begeisterung beruht darauf, daß ein bedeutender Mann da ist, der in Fühlung mit der Volksseele ist und in Übereinstimmung mit ihr handelt. Darum findet er allgemeinen, willigen Gehorsam. Um Begeisterung zu wecken, ist es daher nötig, daß man sich mit seinen Anordnungen nach der Natur der Geführten richtet. Auf dieser Regel der Bewegung auf der Linie des geringsten Widerstandes beruht die Unverbrüchlichkeit der Naturgesetze. Sie sind nicht etwas außerhalb der Dinge, sondern die den Dingen immanente Harmonie der Bewegung. Darum weichen die Himmelskörper nicht ab von ihren Bahnen, und alles Naturgeschehen vollzieht sich in fester Regelmäßigkeit. In ähnlicher Weise liegen die Dinge auch in der menschlichen Gesellschaft. Auch hier werden sich nur solche Gesetze durchführen lassen, die im Volksempfinden ihre Wurzel haben, während Gesetze, die diesem Empfinden widersprechen, nur Erbitterung wecken.
Die Begeisterung ermöglicht dann auch, Gehilfen einzusetzen zur Durchführung der Arbeiten, ohne daß geheime Gegenwirkungen zu befürchten sind. Die Begeisterung ist es auch, die Massenbewegungen, wie im Krieg, so zu vereinheitlichen vermag, daß sie den Sieg erlangen.
Das Bild der Zukunft
Der Donner kommt aus der Erde hervorgetönt: das Bild der Begeisterung. So machten die alten Könige Musik, um die Verdienste zu ehren, und brachten sie herrlich dem höchsten Gotte dar, indem sie ihre Ahnen dazu einluden.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn der Donner, die elektrische Kraft, zu Beginn des Sommers wieder aus der Erde hervorgerauscht kommt und das erste Gewitter die Natur erfrischt, so löst sich eine lange Spannung. Erleichterung und Freude greifen Platz. Ähnlich besitzt die Musik die Macht, die Spannung im Herzen, der dunklen Gefühle Gewalt zu lösen. Die Begeisterung des Herzens äußert sich unwillkürlich im Laut des Gesanges, in Tanz und rhythmischer Bewegung des Körpers. Von alters her wurde die begeisternde Wirkung des unsichtbaren Klanges, der die Herzen der Menschen bewegt und vereint, als Rätsel empfunden. Die Herrscher benützten diese natürliche Neigung zur Musik. Sie erhöhten und ordneten sie. Die Musik galt als etwas Ernstes, Heiliges, sie sollte die Gefühle der Menschen reinigen. Sie sollte die Tugenden der Helden preisen und so die Brücke schlagen zur unsichtbaren Welt. Im Tempel nahte man Gott mit Musik und Pantomimen (aus denen sich später das Theater entwickelt hat). Die religiösen Gefühle gegen den Schöpfer der Welt wurden vereinigt mit den heiligsten menschlichen Gefühlen den Gefühlen der Ehrfurcht vor den Ahnen. Sie wurden eingeladen zu diesen Gottesdiensten als Gäste des Himmelsherrn und Vertreter der Menschheit in jenen höheren Regionen. Indem so die eigene Vergangenheit mit der Gottheit verknüpft wurde in weihevollen Momenten religiöser Begeisterung, schloß sich das Band zwischen Gottheit und Menschheit. Der Herrscher, der in seinen Ahnen die Gottheit verehrte, war dadurch der Sohn des Himmels, in dem die himmlische und die irdische Welt sich mystisch berührten. Diese Gedanken sind die letzte und höchste Zusammenfassung der chinesischen Kultur. Meister Kung selbst sagte von dem großen Opfer, bei dem diese Bräuche vollzogen wurden: »Wer dieses Opfer ganz verstünde, der könnte die Welt regieren, a1s drehte sie sich auf seiner Hand.«