Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Die Arbeit Am Verdorbenen" und transformiert sich in "Das Heer".
Vor Dir liegt "der Wind" - dieses Element transformiert sich in "die Erde". Das bedeutet, dass Durchdringung und Geschäfte umgewandelt wird in Empfänglichkeit, Pflege und Erhaltung. Hinter Dir liegt "der Donner" - dieses Element transformiert sich in "das Wasser". Das bedeutet, dass Zeugung, Wachstum und Bewegung umgewandelt wird in Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität.
Die Situation
18. Gu - Die Arbeit Am Verdorbenen Oben (vorne): Sun - das Sanfte (der Wind) Unten (hinten): Dschen - das Erregende (der Donner)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das chinesische Zeichen Gu stellt eine Schüssel dar, in deren Inhalt Würmer wachsen. Das bedeutet das Verdorbene. Das ist dadurch gekommen, daß die sanfte Gleichgültigkeit des unteren Urzeichens mit der starren Trägheit des oberen Urzeichens zusammengekommen ist, so daß die Verhältnisse in Stagnation gerieten. Da also eine Verschuldung vorliegt, so enthalten diese Zustände die Aufforderung zu ihrer Beseitigung. Daher ist die Bedeutung des Zeichens nicht einfach »das Verdorbene«, sondern »das Verdorbene als Aufgabe«, die »Arbeit am Verdorbenen.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Die Arbeit am Verdorbenen hat erhabenes Gelingen. Fördernd ist es, das große Wasser zu durchqueren. Vor dem Anfangspunkt drei Tage, nach dem Anfangspunkt drei Tage.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Was durch Schuld von Menschen verdorben ist, kann durch Arbeit von Menschen wieder gutgemacht werden. Es ist nicht unabänderliches Geschick, wie während der Stockungszeit, sondern eine Folge von Mißbrauch der menschlichen Freiheit, was den Zustand des Verderbens herbeigeführt hat. Deshalb ist die Arbeit an der Besserung aussichtsvoll, weil sie im Einklang mit den Möglichkeiten der Zeit steht. Nur darf man vor Arbeit und Gefahr symbolisiert durch das Durchqueren des großen Wassers- nicht zurückschrecken, sondern muß energisch zugreifen.
Das Gelingen hat jedoch zur Vorbedingung die rechte Überlegung. Das ist ausgedrückt in dem Zusatz: »Vor dem Anfangspunkt drei Tage, nach dem Anfangspunkt drei Tage.« Erst muß man die Gründe kennen, die zum Verderben geführt haben, ehe man sie abstellen kann: daher Achtung während der Zeit vor dem Anfangspunkt. Und dann muß man sorgen, daß das neue Geleise sich sicher einfährt so daß ein Rückfall vermieden wird: daher Achtung auf die Zeit nach dem Anfangspunkt. An die Stelle der Gleichgültigkeit und Trägheit, die zum Verderben geführt haben, müssen Entschlossenheit und Energie treten, damit auf das Ende ein neuer Anfang folgt.
Das Bild der aktuellen Situation
Unten am Berg weht der Wind: das Bild des Verderbens. So rüttelt der Edle die Leute auf und stärkt ihren Geist.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn der Wind unten am Berg weht, so wird er zurückgeworfen und verdirbt die Pflanzen. Das enthält die Aufforderung zu bessern. So ist es auch mit den niedrigen Stimmungen und Moden: sie bringen Verderben in die menschliche Gesellschaft. Um das zu beseitigen, muß der Edle die Gesellschaft erneuern. Die Methoden dazu werden ebenfalls den beiden Urzeichen entnommen, nur daß ihre Wirkungen sich geordnet nacheinander entfalten. Er muß die Stagnation beseitigen durch Aufrütteln der öffentlichen Meinung (wie der Wind aufrüttelnd wirkt) und dann den Charakter der Leute stärken und beruhigen (wie der Berg Ruhe und Nahrung allem Wachstum in seiner Umgebung gibt).
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 3: Zurechtbringen des vom Vater Verdorbenen. Ein wenig wird es Reue geben. Kein großer Makel.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Es ist hier jemand gezeichnet, der beim Zurechtbringen der Fehler der Vergangenheit etwas zu energisch vorgeht. Dadurch werden sicher dann und wann kleinere Unzuträglichkeiten und Verstimmungen entstehen. Aber besser zuviel als zuwenig Energie. Wenn man daher auch manchmal ein wenig zu bereuen hat, so bleibt man doch frei von jedem ernstlichen Makel.
Line 6: Dient nicht Königen und Fürsten. Steckt sich höhere Ziele.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Nicht jeder Mensch ist verpflichtet, sich in die Weltgeschäfte zu mischen. Es gibt auch solche, die innerlich schon so weit entwickelt sind, daß sie die Berechtigung haben, der Welt ihren Lauf zu lassen, ohne sich ins politische Leben reformierend einzumischen. Aber damit ist nicht gemeint, daß sie tatenlos oder bloß kritisch sich verhalten dürften. Nur die Arbeit an den höheren Zielen der Menschheit in der eigenen Person gibt die Berechtigung zu solcher Zurückgezogenheit. Denn wenn der Weise sich auch dem Tagesgetriebe fernhält, so schafft er doch unvergleichliche Menschheitswerte für die Zukunft.
Die Zukunft
7. Schi - Das Heer Oben (vorne): Kun - das Empfangende (die Erde) Unten (hinten): Kan - das Abgründige (das Wasser)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Zeichen setzt sich zusammen aus dem Urzeichen Kan, das Wasser, und Kun, die Erde. Dadurch ist das Grundwasser symbolisiert, das sich innerhalb der Erde sammelt. Ebenso sammelt sich die Heerkraft innerhalb der Menge eines Volkes: im Frieden unsichtbar, aber jederzeit zur Verfügung a1s Quelle der Macht. Die Eigenschaften der Urzeichen sind: innerhalb Gefahr und außerhalb Gehorsam. Das deutet auf das Wesen des Heeres, das im Innersten etwas Gefährliches ist, während nach außen Zucht und Gehorsam herrschen muß.
Auf die einzelnen Linien hin betrachtet, ist der Herr des Zeichens die starke Neun auf zweitem Platz der die anderen weichen Linien sich unterordnen. Diese Linie bezeichnet den Gebieter, da sie im Zentrum eines der beiden Urzeichen steht. Da sie aber im unteren, nicht im oberen steht, ist sie nicht das Bild des Herrschers, sondern des tüchtigen Generals, der das Heer in Gehorsam hält durch seine Autorität.
Das Urteil für die Zukunft
Das Heer braucht Beharrlichkeit und einen starken Mann. Heil ohne Makel.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Ein Heer ist eine Masse, die, um ein Heer zu werden, der Organisation bedarf. Ohne feste Disziplin läßt sich nichts erreichen. Diese Disziplin läßt sich aber nicht durch Gewaltmittel erzwingen, sondern es braucht einen starken Mann, dem die Herzen sich zuwenden, der Begeisterung erweckt. Damit er sich entfalten kann, bedarf er des unbedingten Vertrauens seines Herrschers, der ihm, solange der Krieg dauert, die volle Verantwortung überlassen muß. Ein Krieg ist aber immer etwas Gefährliches und bringt Schaden und Verheerung mit sich. Darum darf man ihn nicht leichtfertig unternehmen, sondern nur wie eine giftige Arznei als letzte Auskunft. Der gerechte Grund und ein klares, verständliches Kriegsziel muß durch einen erfahrenen Führer dem Volk deutlich gemacht werden. Nur wenn ein ganz bestimmtes Kriegsziel da ist, für das das Volk sich mit Bewußtsein einsetzen kann, entsteht die Einheitlichkeit und Stärke der Überzeugung, die zum Sieg führt. Aber der Führer muß auch dafür sorgen, daß in der Kriegsleidenschaft und im Siegestaumel nichts Ungerechtes geschieht, das die allgemeine Anerkennung nicht findet. Gerechtigkeit und Beharrlichkeit sind die Grundbedingungen dafür, daß alles gut geht.
Das Bild der Zukunft
Inmitten der Erde ist Wasser, das Bild des Heeres. So mehrt der Edle durch Weitherzigkeit gegen das Volk seine Massen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Grundwasser ist unsichtbar inmitten der Erde vorhanden. So ist auch die Kriegsmacht eines Volkes unsichtbar in seinen Massen vorhanden. Jeder Bauer wird, wenn Gefahr droht, Soldat und kehrt nach Beendigung des Kriegs hinter seinen Pflug zurück. Wer gegen das Volk weitherzig ist, der gewinnt die Liebe des Volkes, und das Volk, das unter einem milden Regiment lebt, wird stark und kräftig. Nur ein wirtschaftlich starkes Volk kann als Kriegsmacht von Bedeutung sein. Man muß also die Macht p9egen durch Förderung der wirtschaftlichen Beziehungen des Volkes und menschenfreundliche Regierung. Nur wo dieses unsichtbare Band zwischen Regierung und Volk da ist, daß das Volk unter ihr geborgen ist wie das Grundwasser in der Erde, ist es möglich, einen Krieg siegreich zu führen.