Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Die Minderung" und transformiert sich in "Die Anfangsschwierigkeit".
Vor Dir liegt "der Berg" - dieses Element transformiert sich in "das Wasser". Das bedeutet, dass Stabilität, Unbeweglichkeit, Stille und Meditation umgewandelt wird in Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität. Hinter Dir liegt "der See" - dieses Element transformiert sich in "der Donner". Das bedeutet, dass Heiterkeit, Freude und Anziehungskraft umgewandelt wird in Zeugung, Wachstum und Bewegung.
Die Situation
41. Sun - Die Minderung Oben (vorne): Gen - das Stillehalten (der Berg) Unten (hinten): Dui - das Heitere (der See)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Zeichen stellt eine Minderung des unteren Zeichens zugunsten des oberen dar, indem der dritte, ursprünglich starke Strich nach oben gegangen ist und der ursprünglich schwache obere Strich an seine Stelle getreten ist. Das Untere wird also auf Kosten des Oberen vermindert. Das aber ist Verminderung schlechthin. Wenn man das Fundament eines Bauwerks vermindert und seine oberen Mauern verstärkt, so verliert das Ganze an Festigkeit. Ebenso ist eine Minderung des Volkswohlstands zugunsten der Regierung eine Verminderung schlechthin. Und die ganze Tendenz des Zeichens geht dahin, darauf hinzuweisen wie diese Wohlstandsverschiebung vor sich gehen kann, ohne daß die Quellen des Wohlstands im Volk und seinen unteren Ständen dadurch versiegen.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Minderung verbunden mit Wahrhaftigkeit wirkt erhabenes Heil ohne Makel. Man kann darin beharrlich sein. Fördernd ist es, etwas zu unternehmen. Wie übt man das aus? Zwei kleine Schüsselchen mag man benützen zum Opfer.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Minderung bedeutet nicht unter allen Umständen etwas Schlechtes. Mehrung und Minderung kommen zu ihrer Zeit. Da gilt es, sich in die Zeit zu Enden und die Armut nicht durch leeren Schein verdecken zu wollen. Wenn durch eine Zeit der geringen Dinge eine innere Wahrheit zum Ausdruck kommt, so darf man sich der Einfachheit nicht schämen. Sie ist dann gerade das richtige, das innere Kraft verleiht, durch die man dann wieder etwas unternehmen kann. Man darf selbst kein Bedenken tragen, wenn die äußere Schönheit der Kultur, ja selbst die Ausgestaltung religiöser Beziehungen unter der Einfachheit zu leiden hätte. Man muß von der Stärke der inneren Gesinnung etwas nehmen und es der Dürftigkeit der äußeren Erscheinung als Ersatz zulegen. Dann hilft die Kraft des Gehalts über die Schlichtheit der Form hinweg. Vor Gott bedarf es nicht des falschen Scheins. Auch mit geringen Mitteln läßt sich die Gesinnung des Herzens zum Ausdruck bringen*.
(* Vgl. das Scherflein der Witwe im Lukasevangelium.)
Das Bild der aktuellen Situation
Unten am Berg ist der See: das Bild der Minderung. So bändigt der Edle seinen Zorn und hemmt seine Triebe.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der See unten am Berg verdunstet. Dadurch wird er gemindert zu Gunsten des Bergs, der durch seine Feuchtigkeit bereichert wird. Der Berg ist das Bild eigensinniger Stärke, die sich zum Zorn verdichten kann, der See ist das Bild der unkontrollierten Lustigkeit, die sich zu leidenschaftlichen Trieben entwickeln kann, wenn sie auf Kosten der Lebenskräfte sich entwickelt. Da gilt es zu mindern: Der Zorn muß durch Stillehalten gemindert werden, die Triebe müssen durch Einschränkung gehemmt werden. Durch diese Minderung der niederen Seelenkräfte werden die höheren Seiten der Seele bereichert.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 2: Fördernd ist Beharrlichkeit. Etwas zu unternehmen, ist von Unheil Ohne sich selbst zu mindern, vermag man die andern zu mehren.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Ein edles Selbstbewußtsein und konsequenter Ernst, der sich nichts vergibt, ist die Gesinnung, die notwendig ist, wenn man andern dienen will. Wer sich wegwirft, um einem Höheren zu Willen zu sein, der mindert zwar seine eigene Stellung, ohne aber dem andern dauernd zu nützen. Das aber ist vom Übel. Ohne sich selbst aufzugeben, dem andern zu dienen, das erst ist der wahre Dienst von dauerndem Wert.
Line 5: Es mehrt ihn wohl jemand. Zehn Paar Schildkröten können dem nicht widerstreben. Erhabenes Heil !
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn jemand vom Schicksal zum Glück bestimmt ist, so kommt es unweigerlich. Alle Orakel, wie sie z. B. durch Schildkrötenschalen gewonnen werden, müssen in günstigen Zeichen zu seinen Gunsten übereinstimmen. Er braucht sich vor nichts zu fürchten, denn sein Glück ist höhere Fügung.
Line 6: Wenn man ohne Minderung der anderen gemehrt wird, so ist das kein Makel. Beharrlichkeit bringt Heil. Fördernd ist es, etwas zu unternehmen. Man bekommt Diener, aber hat kein besonderes Heim mehr.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Es gibt Menschen, die Segen spenden für die ganze Welt. Jeder Kraftzuwachs, jede Mehrung, die ihnen zuteil wird, kommt allen Menschen zugute und bedeutet daher keine Minderung für die andern. Durch beharrliche und eifrige Arbeit hat man Erfolg und findet Gehilfen wie man sie braucht. Aber was man wirkt, ist nicht ein irgendwie begrenzter Privatvorteil, sondern es ist offen und für jedermann zugänglich.
Die Zukunft
3. Dschun - Die Anfangsschwierigkeit Oben (vorne): Kan - das Abgründige (das Wasser) Unten (hinten): Dschen - das Erregende (der Donner)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Name des Zeichens, Dschun, stellt eigentlich ein Gras dar das bei seinem Hervorsprießen aus der Erde auf ein Hindernis stößt. Daraus ergibt sich die Bedeutung der Anfangsschwierigkeit. Das Zeichen deutet, wie Himmel und Erde die Einzelwesen hervorbringen. Es ist ihre erste Begegnung, die mit Schwierigkeiten verbunden ist. Das untere Zeichen, Dschen, ist das Erregende; seine Bewegung geht nach oben; zum Bild hat es den Donner. Das obere Zeichen, Kan, ist das Abgründige, Gefährliche; seine Bewegung geht nach unten; zum Bild hat es den Regen. Die Lage deutet also auf dichte, chaotische Fülle. Donner und Regen erfüllen die Luft. Aber das Chaos lichtet sich. Die Bewegung, die nach oben gerichtet ist, während das Abgründige sich senkt, kommt schließlich aus der Gefahr hinaus. Im Gewitter entladen sich die gespannten Kräfte, und alles atmet erleichtert auf.
Das Urteil für die Zukunft
Die Anfangsschwierigkeit wirkt erhabenes Gelingen. Fördernd durch Beharrlichkeit. Man soll nichts unternehmen. Fördernd ist es, Gehilfen einzusetzen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Werdezeiten haben Schwierigkeiten. Es ist wie eine Erstgeburt. Aber diese Schwierigkeiten entstehen aus der Fülle dessen was nach Gestaltung ringt. Es ist alles in Bewegung begriffen, darum ist trotz der vorhandenen Gefahr Aussicht auf großen Erfolg da wenn man Beharrlichkeit hat. Wenn solche Anfangszeiten als Schicksal kommen, so ist noch alles ungestaltet und dunkel. Darum muß man abwarten, denn jedes vorzeitige Zufassen könnte Mißerfolg bringen. Ebenso ist es von großer Wichtigkeit, daß man nicht allein bleibt. Man muß Gehilfen haben, um gemeinsam mit ihnen das Chaos zu bewältigen. Das heißt aber nicht, daß man selbst untätig den Vorgängen zuschauen soll, sondern man muß mit Hand anlegen, anfeuernd und leitend bei allem dabei sein.
Das Bild der Zukunft
Wolken und Donner: das Bild der Anfangsschwierigkeit. So wirkt der Edle entwirrend und ordnend.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wolken und Donner werden dargestellt durch bestimmte Linienornamente, das heißt, daß in dem Chaos der Anfangsschwierigkeit die Ordnung schon angelegt ist. So muß der Edle in solchen Anfangszeiten die unübersichtliche Fülle gliedern und ordnen wie man Seidenfäden aus einem Knäuel auseinanderliest und sie zu Strängen verbindet. Man muß, um im Unendlichen sich zu finden, unterscheiden und verbinden.